Ortsgespräch zum Thema Windkraft
"Wollen uns auch weiter in die Augen schauen"
Rundschau-Ortsgespräch in Hillerse zum Thema Windkraft Ja oder Nein!? mit 200 Bürgern - Kritik an Absage der potenziellen Investoren
Von Dirk Kühn
HILLERSE. Kaum ein Lüftchen wehte gestern Abend rund um Hillerse. Kaum genug, um den Rotor einer Windkraftanlage zu bewegen. Um so energischer die Diskussion im Hillerser Hof. "Windkraft Ja oder Nein" hieß das Thema des Ortsgesprächs der Gifhorner Rundschau, an dem sich rund 200 Bürger beteiligten.
Keinen leichten Stand hatten an diesem Abend die Befürworter. Die Hillerser Landwirte Rolf Busse und Heinz-Robert Köhler, die allerdings für ihren Mut, sich der Diskussion vor allem mit den Mitgliedern der Bürgerinitiative Contra Windkraftstandort auseinander zu setzen, Applaus erhielten - auch von den Gegnern. Busse, einer von 45 Grundbesitzern, auf deren Land möglicherweise Windkraftanlagen entstehen könnten, stellte klar: "Wir wollen uns auch weiter gegenseitig in die Augen schauen und auf der Straße grüßen." Ihm und den Befürwortern gehe es zunächst lediglich um die Ausweisung einer Vorrangfläche im Regionalen Raumordnungsprogramm. Busse betonte, dass er erst mit zwei potenziellen Investoren gesprochen habe. Keinen Hehl machten die Landwirte daraus, dass sie mit den Windkraftprojekten auch Geld verdienen wollen. In Zeiten von BSE und einem ruinösen Wettbewerb sei es wichtig, alternative Einnahmequellen zu erschließen. "Das ist Teil meiner Alterversorgung", so Busse.
Dafür zeigten sogar die Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) Verständnis. Indes BI-Sprecherin Ute Kohrt betonte: "Wir wollen kein Vorranggebiet, wir sind gegen die Ausweisung." Der Argumentation, es müssten ja nicht 25 oder mehr, sondern maximal 10 bis 15 Anlagen werden, wollte sie nicht trauen. Sei eine da, folgten andere, so die BI-Sprecherin, die Unterstützung von Peter Fiegert erhielt. Er bezeichnete sich ausdrücklich nicht als Windkraftgegner, zweifelte aber an der Sozial- und Landschaftsverträglichkeit. Martin Büttner aus Rolfsbüttel stimmte zu: "Wir müssen die Kulturlandschaft Okeraue schützen."
In ähnlichem Sinne äußerte sich auch Friederike Franke, Leiterin der Koordinierungsstelle Umwelt (Konu). Als Sprecherin eines Gremiums von sieben Naturschutz verbänden befinde sie
sich bei diesem Thema in einer Zwickmühle. Einerseits sei es zu begrüßen,
dass regenerative Energien gefördert werden, andererseits gebe es schlechte Erfahrungen
mit Windkraftanlagen beispielsweise an der Nordsee. Die Beeinträchtigung des Landschaftsbilds sei immens. Eben deshalb sei das Raumordnungsprogramm ja wichtig, entgegnete Köhler, "damit Wildwuchs verhindert wird".
Einen ganz anderen Vorschlag machte der Hillerser Ewald Busse: Wenn schon regenerative Energie, dann sollte doch die Oker als Quelle genutzt werden. Mithilfe von Turbinen könnte die Wasserkraft umgewandelt werden.
Nicht alle Fragen konnten gestern Abend beantwortet werden. Die Kritik des Publikums galt besonders den potenziellen Investoren Harald Bosse (Planungsgemeinschaft Windkraft Meinersen) und Michael Rasch (Firma Windstrom), die kurzfristig ihre Zusagen, an dem Ortsgespräch
teilzunehmen, zurückgezogen hatten. Gerade von ihnen hatten sich die Hillerser konkrete Informationen auf technische Fragen erhofft. Aber auch weitere Angaben zur Wirtschaftlichkeit und Finanzierung. "Den Großteil finanziert der Steuerzahler", so die Kritiker, "die Gemeinde wird davon profitieren", meinten die Befürworter, und Rolf Busse ergänzte: "Wenn nix dabei rauskommt, bin ich der letzte, der so ein Projekt durchdrücken will". Offenes Ende nach gut 90 Minuten, viele Hillerser diskutierten anschließend weiter und warten nun auf die Bürgerversammlung am 24. Juni.
Quelle: Braunschweiger Zeitung vom 13.06.2003